Ein meister las


Ein meister las, troum unde spiegelglas,

daz si zem winde bî der stæte sîn gezalt.

Loup unde gras, daz ie mîn vreude was,

swiez nû erwinde, ez dunket mich alsô gestalt;

Dar zuo die bluomen manicvalt,

diu heide rôt, der grüene walt,

der vogele sanc ein trûric ende hât;

dar zuo der linde süeze unde linde.

Sô wê dir, Werlt, wie dirz gebende stât !

 

Ein tumber wân den ich zer werlte hân,

derst wandelbære, wande er bœsez ende gît:

ich solte in lân, kunde ich mich wol verstân,

daz er iht bære mîner sêle grôzen nît.

mîn armez leben in sorgen lît:

der buoze wære michel zît.

nû vürhte ich siecher man den grimmen tôt,

daz er mit swære mir geswære.

vor vorhten bleichent mir diu wangen rôt.

 

Wie sol ein man der niwan sünden kann,

genâden dingen oder gewinnen hôhen muot ?

sit ich gewan den muot daz ich began

zer werlte dingen merken übel unde guot,

dô greif ich, als ein tôre tuot,

zer winstern hant rehte in die gluot,

und mêrte ie dem tievel sînen schal.

des muoz ich ringen mit geringen:

nû ringe und senfte ouch Jêsus mînen val.

 

Heiliger Krist, sît dû gewaltic bist

der werlt gemeine, die nâch dir gebildet sint,

gip mir die list daz ich in kurzer vrist

alsam gemeine dich sam dîne erwelten kint.

ich was mit sehenden ougen blint

und aller guoten sinne ein rint,

swiech mîne missetât der werlte hal.

mache ê mich reine, ê mîn unreine

versenke mich in daz verlorne tal.



(* 1170-00-00, † 1230-00-00)



Weitere gute Gedichte von Walther von der Vogelweide zum Lesen.