Der Beduine


Ich leb' im heißen Sonnenbrand,

Die Wüste ist mein Vaterland,

Die Heimath, wo mein Zelt erbaut,

Und wo ein grüner Weidplatz schaut.

 

Und wo ein dürftig Quellchen rinnt,

Ein Dattelbaum sein Mark gewinnt,

Wo müde das Kameel sich streckt,

Dort wird mein Lager ausgesteckt.

 

Ich hab' ein Roß, das, wie ein Pfeil

Vom Bogen, fliegt mit Windeseil',

Es geht zur Weide zügelfrei

Und kommt auf meinen Ruf herbei.

 

Und auf der Haut vom Panther wild

Hängt Bogen, Köcher, Schwert und Schild,

Und hinter meines Zeltes Thor

Mein sichertreffend Feuerrohr.

 

Mein' Habe hält kein Zaum umfaßt,

Ich bin mein Wirth und eigner Gast;

Mein nächster Nachbar neben mir

Wohnt hundert Meilen wohl von hier!

 

Ich bin von Welt und Menschen fern,

Hab' keinen König, keinen Herrn;

Bin Fürst, wohin mein Wurfspieß reicht,

Bin Fürst, wohin mein Bolzen fleugt.

 

Frei, wie der Wind der Wüste weht,

Frei, wie die Antilope geht,

Zieh' ich aus dem durchglühten Sand,

So weit die Eb'ne ausgespannt. –

 

Weib meines Herzens, meiner Lust,

Du einzig liegst an meiner Brust,

Dein braunes Aug' blickt mild und klar,

Wie Moschus wallt Dein dunkles Haar!

 

Nie werd' ich Deiner Schönheit satt,

Nie werd' ich Deines Reizes matt;

Noch glüh' ich wie am ersten Tag,

Wo ich in Deinen Armen lag.

 

Denkst Du der wonnesel'gen Nacht

Unter des Sternenhimmels Pracht,

Wo süß gebuhlt die laue Luft

Mit der Akazie Blüthenduft?



(* 1790-02-28, † 1862-03-16)



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