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Abenddämmerung


Am blassen Meeresstrande

Saß ich gedankenbekümmert und einsam.

Die Sonne neigte sich tiefer, und warf

Glührote Streifen auf das Wasser,

Und die weißen, weiten Wellen,

Von der Flut gedrängt,

Schäumten und rauschten näher und näher -

Ein seltsam Geräusch, ein Flüstern und Pfeifen,

Ein Lachen und Murmeln, Seufzen und Sausen,

Dazwischen ein wiegenliedheimliches Singen -

Mir war, als hört ich verschollne Sagen,

Uralte, liebliche Märchen,

Die ich einst, als Knabe,

Von Nachbarskindern vernahm,

Wenn wir am Sommerabend,

Auf den Treppensteinen der Haustür,

Zum stillen Erzählen niederkauerten,

Mit kleinen horchenden Herzen

Und neugierklugen Augen; -

Während die großen Mädchen,

Neben duftenden Blumentöpfen,

Gegenüber am Fenster saßen,

Rosengesichter,

Lächelnd und mondbeglänzt.



(* 13.12.1797, † 17.02.1856)




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3/5 bei 20 Stimmen

Kommentare

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  • Gravatar von Ekrem Erol Aran
    Ekrem Erol Aran | earan@web.de
    vor rund 1 Jahr

    Heinrich Heine ist mein liebligsDichter

  • Gravatar von Sorlet Christiane
    Sorlet Christiane | christiane.sorlet@googlemail.com
    vor rund 5 Jahren

    Un poème qui m'a accompagnée toute ma vie.