Abendfeier


Im Abendgoldbrand

Lohen die Fenster,

Brennen die Giebel,

Glühen die Wolken,

Wundergleich...

 

Was scheidest du so feierlich,

Sinkende Sonne?

Von unsern schlichten Tagen

Ein schlichtester ging hin -

Was ist geschehn,

Was hast du vollbracht,

Daß ein Fanal du zündest,

Wie's ungeheurer Tat,

Wie's Götterfesten ziemt?

 

"Millionen Wesen weckt' ich

Aus allen Erdenfugen

Heute zu Leben und Licht -

Millionen Müde streckt' ich,

Weil sie mich nimmer ertrugen,

Nieder zum letzten Verzicht!

Unzählige, die ich geschaffen,

Führt' ich in Kränzen und Waffen

Heute zur höchsten Lust -

Unzählige, die mir nicht minder

Liebe und würdige Kinder,

Hab' ich mit hundert Qualen

Heut' martern gemußt..

 

Der Tag war groß und schwer:

Und groß und hehr

Soll er

Verstrahlen!"



(* 1866-12-04, † 1928-03-29)



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