Die unüberwindliche Flotte


Nach einem älteren Dichter

 

Sie kommt - sie kommt, des Mittags stolze Flotte,

Das Weltmeer wimmert unter ihr,

Mit Kettenklang und einem neuen Gotte

Und tausend Donnern naht sie Dir -

Ein schwimmend Heer furchtbarer Zitadellen

(Der Ozean sah ihresgleichen nie),

Unüberwindlich nennt man sie,

Zieht sie einher auf den erschrocknen Wellen;

Den stolzen Namen weiht

Der Schrecken, den sie um sich speit.

Mit majestätisch stillem Schritte

Trägt seine Last der zitternde Neptun;

Weltuntergang in ihrer Mitte,

Naht sie heran, und alle Stürme ruhn.

 

Dir gegenüber steht sie da,

Glücksel′ge Insel - Herrscherin der Meere!

Dir drohen diese Galionenheere,

Großherzige Britannia!

Weh deinem frei gebornen Volke!

Da steht sie, eine wetterschwangre Wolke.

 

Wer hat das hohe Kleinod dir errungen,

Das zu der Länder Fürstin dich gemacht?

Hast du nicht selbst, von stolzen Königen gezwungen,

Der Reichsgesetze weisestes erdacht?

Das große Blatt, das deine Könige zu Bürgern,

Zu Fürsten deine Bürger macht?

Der Engel stolze Obermacht,

Hast du sie nicht von Millionen Würgern

Erstritten in der Wasserschlacht?

 

Wem dankst du sie - errötet, Völker dieser Erde -

Wem sonst, als deinem Geist und einem Schwerte?

Unglückliche - blick′ hin auf diese Feuer werfenden Kolossen.

Blick′ hin und ahne deines Ruhmes Fall!

Bang schaut auf dich der Erdenball,

Und aller freien Männer Herzen schlagen,

Und alle guten, schönen Seelen klagen

Teilnehmend deines Ruhmes Fall.

 

Gott, der Allmächt′ge, sah herab,

Sah deines Feindes stolze Löwenflaggen wehen,

Sah drohend offen dein gewisses Grab -

Soll, sprach er, soll mein Albion vergehen,

Erlöschen meiner Helden Stamm,

Der Unterdrückung letzter Felsendamm

Zusammenstürzen, die Tyrannenwehre

Vernichtet sein von dieser Hemisphäre?

Nie, rief er, soll der Freiheit Paradies,

Der Menschenwürde starker Schirm verschwinden!

Gott, der Allmächt′ge, blies,

Und die Armada flog nach allen Winden.



(* 1759-11-10, † 1805-05-09)



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