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Die alte Brücke


Dein Bogen, grauer Zeit entstammt

Steht manch Jahrhundert ausser Amt;

Ein neuer Bau ragt über dir:

Dort fahren sie! Du feierst hier.

 

Die Strasse, die getragen du,

Deckt Wuchs und rote Blüte zu!

Ein Nebel netzt und tränkt dein Moos,

Er dampft aus dumpfem Reussgetos.

 

Mit einem luftgewobnen Kleid

Umschleiert dich Vergangenheit,

Und statt des Lebens geht der Traum

Auf deines Pfades engem Raum.

 

Das Carmen, das der Schüler sang,

Träumt noch im Felsenwiderklang,

Gewieher und Drommetenhall

Träumt und verdröhnt im Wogenschwall.

 

Du warst nach Rom der arge Weg,

Der Kaiser ritt auf deinem Steg,

Und Parricida, frevelblass

Ward hier vom Staub der Welle nass!

 

Du brachtest nordwärts manchen Brief,

Drin römische Verleumdung schlief,

Auf dir mit Söldnern beuteschwer

Schlich Pest und schwarzer Tod daher!

 

Vorbei! Vorüber ohne Spur!

Du fielest heim an die Natur,

Die dich umwildert, dich umgrünt,

Vom Tritt des Menschen dich entsühnt!



(* 11.10.1825, † 28.11.1898)




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Kommentare

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  • Gravatar von Alfred Weber
    Alfred Weber | alfred.weber@bluewin.ch
    vor rund 1 Jahr

    Sehr geehrte Damen und Herren,
    in diesem Gedicht steckt so viel Wahrheit über die Zeit von 1200 - 1308 Mord des Königs Albrecht I von Habsburg durch seinen Neffen.
    Meine Frage: Gibt es noch diese alte Brücke bei Windisch/CH über die Reuss. Im 19. Jhd. müsste sie, dem Gedicht nach, noch bestanden haben. Wie kann ich sie finden?
    Würde mich auf eine Antwort freuen. Freundliche Grüsse Alfred Weber