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Der kranke Aar


Am dürren Baum, im fetten Wiesengras

Ein Stier behaglich wiederkäut′ den Fraß;

Auf niederm Ast ein wunder Adler saß,

Ein kranker Aar mit gebrochnen Schwingen.

 

"Steig auf, mein Vogel, in die blaue Luft,

Ich schau dir nach aus meinem Kräuterduft." -

"Weh, weh, umsonst die Sonne ruft

Den kranken Aar mit gebrochnen Schwingen!"

 

"O Vogel, warst so stolz und freventlich

Und wolltest keine Fessel ewiglich!" -

"Weh, weh, zu viele über mich,

Und Adler all, - brachen mir die Schwingen!"

 

"So flattre in dein Nest, vom Aste fort,

Dein Ächzen schier die Kräuter mir verdorrt." -

"Weh, weh, kein Nest hab′ ich hinfort,

Verbannter Aar mit gebrochnen Schwingen!"

 

"O Vogel, wärst du eine Henne doch,

Dein Nestchen hättest du, im Ofenloch." -

"Weh, weh, viel lieber ein Adler noch,

Viel lieber ein Aar mit gebrochnen Schwingen!"



(* 12.01.1797, † 24.05.1848)




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