Wechselgesang


Alle.

 

Alles Volk der Griechen hebe

Hand und Herz zu Gott empor!

Grieche räche, Türke bebe!

Kühne Stärke, brich hervor!

Geist der Freiheit! steige nieder,

Du der alles wirkt und schafft!

In die Herzen kehre wieder,

Alte, stolze Riesenkraft!

 

Chor der Jünglinge.

 

Wie die junge Terebinthe

Hoch auf grünem Hügel blüht,

Schreiten wir durch Wies′ und Gründe,

Weil in uns die Stärke glüht:

Ohne Schwanken, ohne Bleiben

Eilen wir durch′s Leben hin:

Ueberall ein reges Treiben!

Ueberall ein starker Sinn!

 

Chor der Mädchen.

 

Wie die reine zarte Quelle

Durch die Blumenufer wankt,

Wiegt uns sanft die Lebenswelle:

Keine weinet, keine krankt!

Und des Jünglings Stirne kröne

Uns′re Hand in Liebeslust!

Und du liegest, holde Schöne,

Lächelnd an der Stärke Brust!

 

Chor der Männer.

 

Schwimmt die schöne heit′re Jugend

Wie die Wolk′ im Morgengold,

Uebt der Mann die Kraft und Tugend,

Regelt, was die Liebe zollt!

Stark und thätig, nichts versäumend,

Lenkt er ernst und schützt und schirmt,

Wenn im Sturm auch, donnernd, bäumend,

Sich auf Woge Woge thürmt.

 

Chor der Weiber.

 

Und am keuschen Busen nähren

Liebend wir das holde Kind:

Mag der Mann dem Sturme wehren,

Wirken, daß er viel gewint:

Weich, wie Kuß und Blume, leiten

Wir den Stürmenden zur Ruh′:

Aus den Fernen, aus den Weiten

Führen wir den Schranken zu.

 

Chor der Greise.

 

Und wie über′m jungen Thale

Alte weiße Bergeshöh′n

In der Sonne heiter′m Strahle

Ruhig - mild zum Himmel seh′n,

Heben die verklärten Augen

Ahnend wir ins Aetherblau,

Die wir nicht zur Erde taugen,

Gottes ausgequoll′ner Thau!

 

Alle.

 

Alles Volk der Griechen hebe

Hand und Herz zu Gott empor!

Grieche räche, Türke bebe!

Kühne Stärke brich hervor!

Geist der Freyheit! steige nieder,

Du der alles wirkt und schafft!

In die Herzen kehre wieder,

Alte stolze Riesenkraft!



(* 1804-11-21, † 1830-01-17)



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