Schwäbische Magister in Rom


1.

 

Kommt nur alle herbei! Es ziehn süddeutsche Magister

Jetzt in Menge nach Rom, wie ins Collegium ein.

Das ist ein Reisen, und das ist ein Kurs! Ein halb Dutzend nun hat sich

Wochenlang von Bier und von Dogmatik erzählt.

 

2.

 

Kaum ist′s Examen erstanden, so packt man auch schon sich das Ränzchen,

Und im geistlichen Frack reist man Italien zu,

Ja, das gehet so schnell, man beschmutzt, von den Qualen des Durchfalls

Noch studentisch geplagt, selber das klassische Rom.

 

3.

 

Immer treibt man es so. Es liebt sich der Deutsche den Umweg,

Und die unendliche Welt will er gelehrt sich beschaun.

Sucht sich einer das A im ABC-Buch des Lebens,

Fängt er, ich wette, beim Z mühsam von hinten auch an.

 

4.

 

Darum reist man! Es kommt noch dahin, daß selber die Drescher

Zur Verfein′rung der Kunst Rom und Italien sehn.

Und ich ahne, noch füllt der Vatican sich mit Flegeln,

Ja vor das jüngste Gericht pflanzen sie gar noch sich auf.

 

5.

 

Und im Tagbuch durchdrischt man die abgedroschensten Dinge,

Wie′s in der Schule man einst, in den Collegien gethan,

Dann mit dem wohlgeschriebenen Heft geht′s wieder nach Hause,

Und als Vikarius erst drischt man gedroschenes Korn.

 

6.

 

Einige Malernamen, wie Raffael, Tizian, Guido,

Lernt man mit Fleiß, denn die Kunst ist für Magister auch schön.

Und daß er Alles behält, was er sah, daß er hat, was er nicht sah,

Hat er in Kupferstich Raffaels Logen gekauft.

 

7.

 

Schön wie Italiens Himmel, von dem er so vieles gelesen,

Den er nun selber gesehn, folgt die Erinn′rung ihm nach,

Und in traulicher Lust erzählt er dem Küster und Schultheiß

Dann von Antiken und fügt manches: per bacco! hinzu.



(* 1804-11-21, † 1830-01-17)



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