Grab der Cäcilia Metella


Thurm der Einsamkeit, den ich lieb′, o festes

Uralt rundes Römergebild, du Seufzer

Byrons, der Campagna gerühmt als

Capo di Bove!

 

Dich lobpreisend singet ein Lied der Dichter,

Gern an Gräbern weilend, weil seine Lieben

All′ im Grabe schlummern für ihn, und selbst sein

Glaub′ an die Lieben.

 

Aber wie erreicht dich Gesang? Ein Wort ist

Wenig für den Tod, und der Mensch zerstört nur,

Aber baut die Vorwelt nicht auf. Doch ist der

Dichter ihr Echo.

 

Gleich der Windharf′ ist er, die hoch in alten

Moosbewachsnen Thürmen das Spiel der Lüfte

Wechselnd regt, und selig verrauscht in holden

Strömen von Wohllaut.

 

So, mein ewig Trauergewölb′, bewegst auch

Du die Seele mir, wenn ich dein nur denke,

Wie dein graues Rund so erhaben einsam

Aus den Gebüschen.

 

Weit in menschenleere Campagna hinblickt,

Sichtbar schon aus luftiger Ferne, krönend

Deinen Hügel, wie mit des Schattengottes

Mächtiger Krone.

 

Denn vor dir, o König der öden Wildniß,

Neigen tief die Nachbarn sich, der Cypressen

Melancholisch Heldengewächs, gesellt der

Schweigenden Trauer,

 

Neigt sich halb verschüttet Gemäu′r, durchbrochner

Thürme Wand, verwitterte Reste langer

Blut′ger Kämpfe, die der Colonna stolzes

Haus mit dem Stuhle

 

Petri einst in kräftigen Ritterzeiten

Durchfocht. Solche Nachbarn in hoher Ruhe

Ueberschau′st du: selbst in die tempelvollen,

Unübersehbar′n

 

Römerebnen blickst du hinaus, die Rennbahn

Legte Caracalla zu deinen Füßen,

Und in jenem Hügel verbirgt die schatt′ge

Grotte des Numa

 

Dir die heil′ge Quelle, bei deren Kühlung

Er in stillem Umgang mit einer Gottheit

Einst der siebenhüglichen Roma große

Zukunft berathen.

 

Und sie selbst, der ird′sche Olympus, lächelt

Dir entgegen, glänzend im Lichte der Sonne,

Dort vom paradiesischen immergrünen

Hügel des Janus,

 

Mit St. Petri Kuppel, die eines Erdballs

Schattenbild vergleichbar, im Himmel dunkelt,

Hingestreckt die Berge, von allem Schönen

Wahrlich das schönste.

 

Forschend sieht das Auge der Appia lange

Gräbervolle Linie hin, bis wo dort

Hinter sanften Hügeln und Rebengärten

Finster der Mauer

 

Riesenwerke ragen, und durch des Thores

Düstre Majestät und durch Drusus Bogen

Geist und Herz endlos zu der Scipionen

Grabe hinabschweift.

 

Und der Wind treibt Wolken die Stadt hinüber,

Daß in Schatten sinken die Kirchen alle.

O ihr Götter! sterben ist schön in Rom, doch

Schöner zu leben.



(* 1804-11-21, † 1830-01-17)



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