Zur Stilling′schen silbernen Hochzeitsfeier


Am 19. November 1815.

 

Licht und Recht strahlt weit und breit,

Vater Stilling sieht mit Wonne,

Wie nach schwerer Prüfungszeit

Glänzt die unbewölkte Sonne,

Die versöhnte Königin,

Auf des Lieblings Scheitel hin.

 

Wir singen unserm Herrn,

Wir Großen und wir Kleinen,

Der uns den hellen Stern

Am Himmel ließ erscheinen.

Er gab das ew′ge Licht,

Er sprach das ew′ge Wort,

Ist nah′ und fehlet nicht

In keinem Land und Ort.

 

Der Jedem Kräfte gab,

Womit er wirk′ und schaffe,

Er ist des Greisen Stab,

Des Schwachen Wehr und Waffe.

Er schenket Brod und Wein,

Ernähret Seel′ und Leib,

Und segnet selber ein

Den Bund von Mann und Weib.

 

Herr, salbe dieses Haus,

Und heil′ge seine Schwelle,

Geuß deinen Segen aus,

Du rechte Lebensquelle!

 

Laß einen frischen Born

Des Wassers hier entstehn,

Und Kummer, Neid und Zorn

Von diesen Pforten gehn.

 

Wie klingst du doch so schön,

O Lied aus alten Tagen,

Auf Siegens alten Höh′n,

Da wohnen treue Sagen,

Der Väter Wort und Lust,

Der Väter Sitt′ und Art

Wird noch in frommer Brust

Ein Ehrenschatz bewahrt.

 

Du Stillings Silberhaar

Sollst lange dich noch kräuseln,

Und Lüfte warm und klar

Um seine Schläfe säuseln;

Er liebet Feld und Baum,

Und Weib und Kind und Herd,

Und diesen Erdentraum

Den Gott einst schön verklärt.

 

So wandle fort, o Paar,

In Liebe, Fried′ und Segen!

Du, die nie müde war

Zu schaffen und zu pflegen,

O Gattin, treu und mild,

Begleite Stillings Fahrt,

So bleibt sein Haus ein Bild

Von alter deutscher Art.

 

Mit Gott! mit Gott! fortan

Gefragt nicht, noch verwundert;

Ein Tropfen Zeit verrann,

Ein Viertel vom Jahrhundert.

Heil ihm! Heil dem, was kommt!

Wie sich die Wege drehn,

 

Wir wissen, daß uns frommt,

 

Was ist und wird geschehn!



(* 1783-12-11, † 1817-12-11)



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