Bei dem Wittelsbacher Stammschloß


April 1813.

 

Wittelsbacher, Wittelsbacher!

Schlaft ihr denn so eisern fest?

Hält euch, welche keinen läßt,

Bindet euch die Hand der Rache?

 

Horch′ - es wandeln in den Lüften

Hohes Kriegs- und Siegsgeschrei,

Ritter eure Zeit wird neu,

Regt sich nichts in euren Grüften?

 

Wappnet euch mit allen Schrecken

Der geheimen langen Nacht,

Kommt in alter schwerer Pracht,

Eure Enkel aufzuwecken.

 

Komm′ herauf du bleicher Schatten,

Der die langen Qualen trug,

Weil er seinen Kaiser schlug,

Otto, strafe du die Matten.

 

Deine Schuld ist abgetragen,

Kaisermord erscheint ein Tand,

Wenn dem ganzen Vaterland

Solche Wunden sind geschlagen.

 

Bayern-Ludwig, großer Kaiser,

Der so kühn mit Oestreich rang

Und den Feind zur Freundschaft zwang,

Welk sind deine Lorbeerreiser.

 

Denn dein Bayern hat vergessen,

Daß es mit im Fürstensaal,

In der Wähler heil′ger Zahl

Einst voll hohem Ruhm gesessen.

 

Fester treuer Max von Bayern

Wieder komm′ uns deine Zeit,

Alter Neid und alter Streit,

Willst du nicht dem Frevel steuern?

 

Hast zum Kaiser treu gehalten,

Starker Arm und weiser Rath,

Wieder sproß die Drachensaat,

Komm′ dein altes Amt verwalten.

 

Ich beschwör′ euch Heldengeister,

Lad′ euch in die Völkerschlacht, -

Wenn die deutsche Treu′ erwacht,

Fühlt der Welsche seinen Meister.

 

Bayerland, o Land der Stärke,

Alles Schönen heil′ger Herd,

Bist wol beßrer Ehren werth,

Darfst nicht fehlen bei dem Werke.

 

Was wir wollen, was wir schwören,

Menschenfreude, Gotteslust,

Spricht in jeder deutschen Brust, -

Auch dein König wird es hören.



(* 1783-12-11, † 1817-12-11)



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