Ein gülden A B C


A

 

Armut des Geistes Gott erfreut;

Armut, und nicht Armseligkeit.

 

B

 

Besprich dich nicht mit Fleisch und Blut,

Fahr zu, gleich zu, wie Paulus tut,

 

C

 

Creuz ist ein Kraut, wenn man es pflegt,

Das ohne Blüte Früchte trägt.

 

D

 

Dürst nicht nach Rache und nach Blut;

Vergeben wäre wohl so gut.

 

E

 

Ein edles Herz glänzt hell und hold,

Ein gutes ist gediegen Gold.

 

F

 

Für was du Gutes hier getan,

Nimm keinen Lohn von Menschen an.

 

G

 

Gedultig sein – Herr lehr es mich,

Ich bitte dich, ich bitte dich.

 

H

 

Hau deinen Götzen mutig um,

Er sei Geld, Wollust oder Ruhm.

 

I

 

In dir ein edler Sklave ist,

Dem du die Freiheit schuldig bist.

 

K

 

Kämpf und erkämpf dir eignen Wert;

Hausbacken Brot am besten nährt.

 

L

 

Liebt euch auf Erden, liebt, und wißt,

Daß Gott im Himmel Liebe ist.

 

M

 

Merk auf die Stimme tief in dir;

Sie ist des Menschen Kleinod hier.

 

N

 

Nimm wahr der Zeit; sie eilet sich,

Und kommt nicht wieder ewiglich.

 

O

 

O Herr lehr uns bedenken wohl,

Daß wir sind sterblich allzumal.

 

P

 

Parabeln sind wohl fein und schön,

Doch muß sie einer auch verstehn.

QQuäl nicht dein Herz ohn Unterlaß,

Ein freier Mut gefällt Gott baß.

 

R

 

Recht halte heilig bis in’n Tod,

So bleibt ein Freund dir in der Not.

 

S

 

Straf keck das Böse ins Gesicht;

Vergiß dich aber selber nicht.

 

T

 

Treib Tugend jeden Augenblick;

Wer nicht voran geht, geht zurück.

 

U

 

Und wenn sie alle dich verschrein,

So wickle in dich selbst dich ein.

 

V

 

Verlaß dich nicht auf diese Welt;

Sie ist Schaum, der zusammenfällt.

 

W

 

Wie wird es dann, o dann uns sein,

Wenn wir der bessern Welt uns freun?

 

XY

 

In Sturm die Sonne spiegelt nicht

Im Meer ihr heilig Angesicht.

 

Z

 

Zerbrich den Kopf dir nicht zu sehr,

Zerbrich den Willen, das ist mehr.



(* 1740-08-15, † 1815-01-21)



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