An eine Jungfraw.


Vnd du wirst auch bey meiner Buhlschafft stehen /

O Delia / du Bildnuß aller Ziehr:

Ich wil auch dich durch meine Verß′ erhöhen;

Ich wil dein Lob erweitern für vnd für.

Sey nicht erzürnt / Asterie / mein Leben /

Weil ich anjetzt so sehr weit von dir bin /

Daß ich mich hab′ in andre Huld ergeben /

Vnd frembde Gunst mir kommen in den Sinn.

Ich habe dich in jhren Augen funden:

Dein Angesicht′ und rosenrother Mund /

Dein schönes Haar ist so in jhr verbunden /

Daß ich sie nicht für dir erkennen kundt′.

Ich fandt in jhr was ich bey dir verlassen;

Ich fand in jhr dich so gebildet ein /

Daß ich vermeyn′ ich könne sie nicht hassen

Ich müsse denn auch dir zu wider seyn.

O Delia / du Spiegel meiner Frewden /

Du Ebenbild der schönsten in der Welt /

Vergönne doch daß sich mein′ Augen weiden /

Weil deine Ziehr mein Leben in sich helt;

Weil jhr Gesicht′ ist so in dich geschrieben /

Daß sie jhr selbst nicht ähnlicher seyn kan /

Wie wolt′ ich dich / mein′ Augenlust / nicht lieben?

Ach nimb mich doch von jhrentwegen an.

So wil ich auch mit steten Versen ehren

Dein′ hohe Ziehr / vnd edlen Augenschein.

So lange man von Liebe nur wird hören /

Wird man zügleich′ auch deiner inndenck seyn.



(* 1597-12-23, † 1639-08-20)



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