Abend im Früh-Herbst


Weit ausgegossen liegt das breite Land.

Der Himmel taucht den Scheitel noch ins Licht,

Doch seitlich hebt gelassen eine Hand

Die dunkle Maske Nacht ihm ins Gesicht.

 

Viel fette Lämmer weiden auf der Flur,

In Gärten steht das Kraut in seiner Fülle,

Herbstwälder ziehn als eine goldne Spur,

Am Baum die Frucht glänzt prall in ihrer Hülle.

 

Es ist der letzte dieser kurzen Tage:

All Ding steht reif und rund und unbewegt

Schwebend in sich gebannt wie eine Waage,

Die Tod und Leben gleichgewichtig trägt.



(* 1899-08-20, † 1929-11-07)



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