Das versunkene Kloster


Ein Kloster ist versunken

Tief in den wilden See,

Die Nonnen sind ertrunken

Zusamt dem Pater, weh!

Der Nixen muntre Scharen,

Sie schwimmen stracks herbei,

Nun einmal zu erfahren,

Was in den Mauern sei.

 

Das plätschert und das rauschet

In Kreuzgang und Dorment!

Am Lokutorium lauschet

Der schäkernde Konvent;

Man hört Gesang im Chore

Und lustig Orgelspiel;

Das Glöcklein ruft zur Hore,

Wann′s ihnen just gefiel.

 

Bei heitrem Vollmondglanze

Lockt sie der grüne Strand

Zu einem Ringeltanze

In geistlichem Gewand;

Die weißen Schleier flattern,

Die schwarzen Stolen wehn,

Die Kerzenflämmchen knattern,

Wie sie im Sprung sich drehn.

 

Der Kobold dort im Schutte

Der hohlen Felsenwand,

Er nimmt des Paters Kutte,

Die er am Ufer fand;

Die Tänzerinnen schreckend,

Kommt er zur Mummerei,

Sie aber tauchen neckend

Hinab in die Abtei.



(* 1787-04-26, † 1862-11-13)



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