Nachmittag


Durch die kirchenstillen Zimmer

Spielt ein goldigkühler Schimmer,

Streift mit lichten Feenhänden

Schmeichelnd an den stummen Wänden ...

In den Ecken, aus den Falten

Bebt es, wie von Luftgestalten,

Bebt es ... wie vom Märchenlande ...

 

Elfenzarte Schaumgewande,

Lichte Zauberschleier - schweben

Zärtlich über all mein Leben,

Das unendlich graue, hin ...

Da erwacht der weite Sinn,

Der durch alle Schöpfung klingt ...

Durch die stillen Zimmer singt

Aller Linien tiefes Sagen,

Aller Düfte scheues Fragen ...

Aus den schweigenden Tapeten

Seh′ ich Blumenkelche treten,

Die im Goldlicht leise nicken

Und mit klugen Blumenblicken

Starren sie so lang auf mich ...

Und ich weine - - bitterlich.



(* 1877-04-27, † 1897-02-03)



Weitere gute Gedichte von Lisa Baumfeld zum Lesen.