Die Rosse von Gravelotte


18. August

 

Heiß war der Tag und blutig die Schlacht,

Kühl wird der Abend und ruhig die Nacht.

 

Droben vom Waldsaum nieder ins Thal

Dreimal schmettert Trompetensignal;

 

Ladet so laut und schmettert so hell,

Ruft die Dragoner zurück zum Appell.

 

Truppweis, in Rotten, zu dreien und zwein,

Stellen die tapferen Reiter sich ein.

 

Aber nicht alle kehren zurück,

Mancher liegt da mit gebrochenem Blick.

 

Kam zur Reveille frisch noch und rot,

Liegt beim Appell bleich, blutig und tot.

 

Ledige Rosse, den Sattel leer,

Irren verwaist auf der Walstatt umher.

 

Doch der Trompete schmetternd Signal

Ruft aus der Ferne zum drittenmal.

 

Schau, und der Rappe, dort spitzt er das Ohr,

Wiehernd wirft er die Nüstern empor.

 

Sieh, und der Braune gesellt sich ihm bei,

Trabt ihm zur Seite, wie sonst in der Reih′.

 

Selber der blutige Schimmel, so müd,

Hinkt auf drei Beinen und reiht sich ins Glied.

 

Truppweis, in Rotten zu dreien und zwein

Stellen die ledigen Rosse sich ein.

 

Rosse wie Reiter verstehn den Appell,

Ruft die Trompete, so sind sie zur Stell′.

 

Ueber dreihundert hat man gezählt,

Rosse, zu denen der Reitersmann fehlt.

 

Ueber dreihundert, o blutige Schlacht,

Die soviel Sättel hat ledig gemacht!

 

Ueber dreihundert, o tapfere Schar,

Wo bei vier Mann ein Gefallener war!

 

Ueber dreihundert, o ritterlich Tier,

Ohne den Reiter noch treu dem Panier!

 

Wenn ihr die Tapferen von Gravelotte nennt,

Denkt auch der Rosse vom Leibregiment!



(* 1815-01-30, † 1890-01-14)



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