Die Wut der Frauen


Bänkelballade über eine wahre Begebenheit,

die sich im Januar 1759 in Hamburg ereignete

 

Ach! hört mit Furcht und Grauen

ihr guten Männer an,

wozu die Wut der Frauen

euch alle reizen kann.

 

Glaubt nicht, daß ihr auf Erden

stets euren Himmel habt,

wenn euch bei viel Beschwerden

der Kuß der Schönen labt.

 

Quält in dem Weltgetümmel

den Mann des Ehstands Pflicht:

so glaubt, der gute Himmel

schloß seine Ehe nicht.

 

So glaubt, er kaufte teuer

den kurzen Zeitvertreib;

so glaubt, ein Fegefeuer

ward ihm sein liebes Weib.

 

Dann kennt er ohne Zweifel

die Hölle ganz genau:

denn mehr als sieben Teufel

quält eine böse Frau.

 

In Eheprüfungsstunden

hat mancher Hahnrei oft

beim Trost, den er empfunden,

auf Rache mit gehofft.

 

Er dacht an seine Brüder

und an der Ehe Lauf

und setzte manchem wieder

zwölfend′ge Hörner auf.

 

Drum nehmt, geplagte Männer,

Geduld und Tröstung wahr:

zankt eure Frau im Jenner,

zankt ihr im Februar.

 

Hat sie im März von Ränken

das starre Köpfchen voll,

greift im April zu Schwänken

und macht im Mai sie toll.

 

So standhaft wechselt immer;

merkt diesen treuen Rat:

tut nie, was einstens schlimmer

ein armer Ehmann tat.

 

Er, der bei grauen Haaren

ein rasches Mädchen nahm

und nunmehr schnell erfahren,

wie man zu Hörnern kam, -

 

er glaubte, da zur Rache

sein Alter ihn gelähmt,

es sei sein schöner Drache

durch Schmeicheln leicht gezähmt.

 

Allein, wie grimmig flogen

nicht oft dem armen Tropf,

der schrecklich sich betrogen,

die Schlüssel nach dem Kopf.

 

Sie droht, er mußte fliegen

und kommen, wenn sie rief,

und unterm Stuhle kriechen,

saß ihr das Kopfzeug schief.

 

Zehn scharfe Nägel fuhren

ihm öfters durch den Bart

und hinterließen Spuren

von ihrer Gegenwart.

 

Einst, schrecklich ist′s zu sagen!

wollt er das erstemal

zu widersprechen wagen,

da seh er seine Qual.

 

Mir, rief sie, mir zu wehren!

und ich, ich schweige still?

Dein Wunder sollst du hören,

ein Wort ist gnug: ich will"

 

Schon flammten ihre Blicke;

ein Wörtchen sprach er nur,

als schnell in die Perücke

Glas und Pantoffel fuhr.

 

Er schwieg und lief verzaget

fünf Treppen unters Dach;

da hat er viel geklaget -

du Muse, klag ihm nach.

 

Ach! ist ein Mann auf Erden

wohl so geplagt als du?

Erst muß ich Hahnrei werden,

dann Prügel noch dazu?"

 

Er dachte drauf mit Schmerzen

an alle seine Not

und fühlte Wut im Herzen

und knirscht und rief den Tod.

 

Der Tod, der ungebeten

oft kömmt mit Ungestüm,

kroch doch in diesen Nöten

nicht unters Dach zu ihm.

 

Und weil er nicht gekommen,

so hat er wehmutsvoll

gar den Entschluß genommen,

den keiner nehmen soll.

 

"Der, welcher sich erhenket,

schloß er, fühlt kurze Pein.

Mein Weib, wenn man′s bedenket,

wird stets mein Henker sein.

 

Was acht ich denn der Qualen

von einem Augenblick?

da schon zu tausend Malen -

komm her, geliebter Strick!"

 

Es war der letzte Jenner,

als sich der Geck erhing

und für geplagte Männer

die Märterkron empfing.



(* 1727-09-13, † 1771-12-23)



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