XXI. Ob ich dir vor allen wîben


I

 

Ob ich dir vor allen wîben guotes gan,

sol ich des engelten, vrouwe, wider dich,

stê daz dîner güete saeliclîchen an,

sô lâz iemer in den ungenâden mich.

Hab ich dar an missetân, die schulde rich,

daz ich lieber liep zer werlte nie gewan:

nâch der liebe sent ie mîn herze sich.

 

II

 

Ob ich iemer âne hôchgemüete bin,

waz ist ieman in der werlte deste baz?

gênt mir mîne tage mit ungemüete hin,

die nâch vröiden ringent, den gewirret daz.

Jâ, wirt daz ir ungewin, der valschen haz.

die verkêrent underwîlent mir den sin:

nieman solde nîden, ern wiste waz!

 

III

 

Vrowe, ob dû mir niht die werlt erleiden wil,

sô rât unde hilf, mir ist ze lange wê,

sît si jehent, ez sî niht ein kinde spil,

dem ein wîp sô nâhen an sîn herze gê.

Ich erkande mâze vil der sorgen ê,

disiu sorge gêt mir vür der mâze zil:

hiute baz und aber danne über morgen wê.

 

IV

 

Ich habe ir vil grôzer dinge her verjehen,

herzeclîcher minne und ganzer staetekeit.

des half mir diu rehte herzeliebe spehen.

wol mich, hab ich al der werlte wâr geseit.

Habe ich dar an missesehen, dâst mir leit.

mir mac elliu saelde noch von ir geschehen:

in weiz niht, waz schoener lîp in herzen treit.



(* 1150-00-00, † 1222-00-00)



Weitere gute Gedichte von Heinrich von Morungen zum Lesen.