Sommerabend


Die Mutter

 

Geh′ schlafen, Tochter, schlafen!

Schon fällt der Tau aufs Gras,

Und wen die Tropfen trafen,

Weint bald die Augen naß!

 

Die Tochter

 

Laß weinen, Mutter, weinen!

Das Mondlicht leuchtet hell,

Und wem die Strahlen scheinen,

Dem trocknen Tränen schnell!

 

Die Mutter

 

Geh schlafen, Tochter, schlafen!

Schon ruft der Kauz im Wald,

Und wen die Töne trafen,

Muß mit ihm klagen bald!

 

Die Tochter

 

Laß klagen, Mutter, klagen!

Die Nachtigall singt hell,

Und wem die Lieder schlagen,

Dem schwindet Trauer schnell!



(* 1854-09-06, † 1923-08-29)



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