Alphons der Weise


Am Tagus herrschte einst ein Fürst, den Fama preist

Und noch auf diesen Tag Alphons den Weisen heißt;

Nicht weil er klug, o nein, weil er gelehrt gewesen.

Alphonsus konnte nicht nur lesen,

Er war auch Astronom. Weit besser als sein Land

War ihm das Firmament bekannt,

Und er vergaß oft Staatsrat und Finanzen,

Wenn er auf seiner Warte stand.

Einst als er sich, umringt von seinen Schranzen,

Dahin begab, sprach er entzückt im Gehen:

Ich hoffe heut durch meine neuen Tuben

Die Menschen in dem Mond zu sehen.

Ei was, erwiderten die schlauen Lotterbuben,

Dies wäre zu gemein; ein bärtiger Komet,

Den noch kein Auge sah, wird sich herunter neigen

Und ehrfurchtsvoll sich Ihro Majestät

Versuchtem Adlerblicke zeigen.

Indes man also schwatzte, trat

Ein Greis mit kahlem Haupt und bloßer Ferse

Dem König in den Weg und bat

Um ein Geschenk aus seiner Börse.

Allein Alphons ward seiner nicht gewahr;

Der Alte trabt ihm nach und hält den Hut ihm dar;

Doch der Monarch sprach ohne stillzustehen

Nur immerfort: Ich werde heut

Die Menschen in dem Monde sehen.

Nun fasset ihn der Greis bei seinem Purpurkleid

Und ruft mit hohem Ernst: Sie wohnen nicht dort oben,

Herr, deine Brüder, deren Not

Zu lindern Gott dich auf den Thron erhoben,

Hier sind sie, hier, und fordern Brot.



(* 1736-06-28, † 1809-05-01)



Weitere gute Gedichte von Gottlieb Konrad Pfeffel zum Lesen.