Und wieder ist es Herbst! - entblättert stehn die Bäume;
Dem dürren Laube gleich, verwehen meine Träume;
Aus Norden braus´t es hohl!
Es ziehn die Kraniche nach wärm´rer Meere Borden;
Erschrocken fahr´ ich auf! ja, es ist Herbst geworden -
So war´s auch Sommer wohl?
Und wieder ist es Herbst! - die alten Thürme trauern
Befeuchtet hat der Hauch des Nebels ihre Mauern
Und ihrer Dächer Blei.
Der Nordwind rüttelt sie, die Wetterfahnen klirren;
Um die verwitternden sieht man die Dohle schwirren
Mit winterlichem Schrei.
Und wieder ist es Herbst! - Der Sommer ist vergangen;
Umsäuselt hat das Wehn des Lenzes meine Wangen -
Ich hab´ es nicht gewußt!
Auf´s Neue ließ ein Jahr ich ungenossen fliehen;
Und, ach! ich merk´ es erst, da jetzo sein Verziehen
Mir schauert durch die Brust.
Und wo denn wieder war´s, daß träumerisch indessen
Die Monden ich verpaßt; daß ich den Lenz vergessen,
Und Seufzer eingethan? -
Durchirrt hab´ ich den Sand, ein Quell- und Schattenspürer;
Ich watete durch Blut; die Sonne war mein Führer,
Mein Roß der Ocean.
Ich sah der Wüste Brand und ihrer Körner Dürsten.
Versprengt von ihrer Schaar sah ich Nomadenfürsten;
Am Boden lag ihr Pferd.
Sie schauten grimmig aus nach einer Karavane;
An ihrem prächt´gen Gurt hing wimmernd die Sultane,
Nachschleifend wie ein Schwert.
Zur Fehde zog ich aus mit Rittern und Baronen;
Den Flamberg in der Faust, erstürmt´ ich Mauerkronen -
Gewieher und Geschnauf!
Die Leitern legt´ ich an, ich klomm hinan die Scharten,
Ich pflanzte blutbefleckt die flatternden Standarten
Auf Feindesleichen auf.
Schlachtbanner, schwärzliche, zerschoss´ne sah ich fliegen;
Erschlagne Krieger starr am Boden sah ich liegen
Mit blut´gem Angesicht.
Es neigten Jungfrau´n sich hernieder zu den Todten -
Ach, ob sie Becher auch den kalten Lippen boten,
Sie weckten Jene nicht!
Und Flotten sah ich ziehn mit weißen Segelschwingen;
Ich sah sie rüsten sich zum Kampf; ich sah sie ringen,
Entmastet und entmarst.
Ich sah sie bäumen sich, geschaukelt auf dem Rachen
Des alten Oceans; - ich sah es, wie mit Krachen
Ein Admiralschiff barst.
Von hoher Berge Stirn schaut´ ich nach zweien Landen; -
Tief unten, wo der Schlucht bereifte Tannen standen,
Ein bunter Maulthier-Zug!
Ich sah auf ihrem Haupt die weiß und rothe Feder; -
Voran ein brausend Paar von Zeltern, deren jeder
Ein schwärzlich Mädchen trug.
Zigeuner waren es! - Geklirr von Tambourinen! -
Sie zogen über´s Joch des Berges in die grünen
Jenseit´gen Thalesau´n!
Den Schwalben gleicht dies Volk; es flieht des Winters Grenze;
Es sucht im Herbst ein Land, auf welches ew´ge Lenze
Vom Himmel niederthau´n!
Die Lenze sah ich wohl! doch den, der mich umgeben,
Ich ließ ihn achtlos fliehn! Ich träumte, statt zu leben!
Die Schwalben sammeln sich!
Ja, wieder ist es Herbst; er klirrt um meine Klause;
Er rüttelt mich: "Wach´ auf! kehr´ ein im eignen Hause!
Du Sinnender, besinne dich!"