Zum Geburtstag meiner Schwester


( 25. März: »Mariä Verkündigung kommen die Schwalben wiederum«.)

 

Schwebe, Du schwirrende,

Schwarz-schwingige Schwalbe,

Zur schönen Schwester:

Des Bruders bist Du

Und Baldurs Botin:

Gern gönnt sie Dir Gastrecht:

Frühling erfreut sie. -

War′s doch ein wonniger,

Sonniger Sonntag

In mildestem Märzen:

Falter flogen,

Behende Bienen

Im grünenden Garten:

In Hecken hüpfte

Süßen Gesanges

Die braune Brunelle

Und, am Springbrunn spielend,

Rief Rothkehlchen,

Seit lange mein Liebling,

Sein lieblich lautendes Lied.

 

Da kam mir die Kunde:

»Laß nun die Lanze!

Hebe den Helm ab«: -

Denn, ein Ritter, rannt′ ich,

Durch′s Gefild im Gefecht

Mit unendlichen Feinden! -

»Komm′ in die Kammer:

Es brachten dem Bruder

Ein schwarzes Geschwister

Schwirrende Schwalben.«

 

Seither sind mir

Nahe genachbart

Dicht in Gedanken

Schwester und Schwalbe!

 

Schwarz, schwebsam und schlank,

Auch - verhalten - heftig

Und geschwind wie die Schwalben

Schien stets mir die Schwester.

Und vielfach verflocht ich

Mit Frühling und Freuden

Des Lenzes das liebe,

Bräunliche Bild. -

 

Und so soll Dir selbst in der Seele

Leben leuchtender Lenz:

Jauchzender Jugend

Hochherrlicher Herzschlag

Und Dichtung Dir dauern,

Auch wann der Winter

Des Alters einst

Schnee dir schneite

Auf den schwarzen Scheitel,

Schönste der Schwalben. -



(* 1834-02-09, † 1912-01-03)



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