Neujahrsschilde


(Ausgehängt im Januar 1775.)

 

An die stumme Iris.

 

Hast du mich lieb, mein Kind?

»Hm! Hm!«

So laß dich küssen - nur geschwind!

»Hm! Hm!«

Darf ich im neuen Jahre hoffen?

»Hm! Hm!«

Läßt du für mich die Kammer offen?

»Hm! Hm!«

 

An Crispus

 

Herr Crispus, der berauscht von Glück,

Recht große Augen drehet,

Und immer mit dem Falkenblick

Des Nächsten Fehler spähet; -

O werde in dem neuen Jahr

Noch blinder als Tobias war,

Dich heile keine Salbe!

Ein Dichter, den du jüngst geschmäht

Mit priesterlicher Gravität, -

Der werde deine - Schwalbe!

 

An Herrn Grobian.

 

Sammle doch in deine Scheuren

Dieses Jahr viel Früchte ein!

Einen Knecht brauchst du zum Dreschen,

Und du kannst der Flegel seyn.

 

An mein Mädchen.

 

Es ist in Amors weitem Reich

Kein Mädchen dir, o Mädchen! gleich.

Wenn du dies Jahr die Meine wirst,

Bezaubernde Gertrude!

So bin ich größer als ein Fürst,

Und reicher, als ein Jude.

 

Der Kupferstecher nach der Mode.

 

Ein Kupferstecher stach

Ein Kind in einer Wiege.

Wie schön! die Unschuld sprach

Aus jedem seiner Züge. -

Ein schönes Mädchen sah in Ruh′

Dem schlauen Kupferstecher zu.

Sie spricht - so süß, wie Mädchen sprechen -

Mit Unschuld im Gesicht:

»Ach! können Sie denn nicht

Mir auch ein solches Kindchen stechen?«

Der Künstler lacht, und geht: die Schöne schleicht ihm nach -

Nun weiß ich weiter nicht, was er dem Mädchen stach.

 

An Mops.

 

Sey dumm!

Dies wünsch′ ich dir zum neuen Jahr!

 

Warum ?

 

Weil Dummheit in dem alten Jahr

So manches Schöpsen Glück gebar.

 

Darum

Sey dumm!

 

An Tilla.

 

Hier ist, o liebes Weibchen!

Ein kleiner Wunsch für dich.

 

Ich wünsche dir, mein Täubchen,

Ein kugelrundes Leibchen,

Und ach! - zum Autor - mich!



(* 1739-03-24, † 1791-10-10)



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