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Die Bosheiten der Stadt


Crispus kauft und baut Palläste,

Lebet herrlich, groß und reich;

Hält Maitressen, feyert Feste,

Und traktirt den Fürsten gleich:

Dennoch sagt die karge Stadt,

Daß er nicht viel übrig hat.

 

Mops zählt seinen Eheseegen

Uns in funfzehn Kindern her;

Und man rühmet allerwegen,

Daß sie klüger sind, als Er:

Dennoch sagt die böse Stadt,

Daß er sich verzählet hat.

 

Agnes schlägt die Augen nieder,

Hasset Tanz, Musik und Spiel,

Singet stets Bekehrungslieder,

Und hält auf den Cubach viel:

Doch sagt die verbuhlte Stadt,

Daß sie Fleisch und Blut noch hat.

 

Ueberall verfolgt Selinden

Ein gepudert Stutzerheer;

Jeden weis sie zu entzünden,

Und ihr wird kein Sieg zu schwer:

Dennoch sagt die höhnsche Stadt,

Daß sie keine Freyer hat.

 

Stax beweist aus vielen Fällen

Seinen göttlichen Verstand,

Und aus seinen Ehrenstellen

Sein Verdienst ums Vaterland:

Doch sagt die vermeßne Stadt,

Daß er keins von beyden hat.

 

Mit dem vollen Federhute

Prangt der güldne Gänserich,

Und von seinem edlen Blute

Ueberzeugt sein Wappen mich:

Dennoch sagt die plumpe Stadt,

Daß kein Kutscher Ahnen hat.

 

Crantor richtet alle Sachen

Nach der strengsten Billigkeit,

Und man wird ihn böse machen,

Wenn man ihm Geschenke beut:

Doch sagt die verwegne Stadt,

Daß er sie betrogen hat.



(* 28.01.1726, † 16.12.1804)




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