Der eiserne Mann


Der Sieger, ganz in Eisen,

Tritt ins ersiegte Land,

Er will noch lang ihm weisen

Die harte, eh’rne Hand.

 

Geharnischt ist der Wilde

Bis an die Zähne schier,

Mit Schienen, Helm und Schilde,

Mit Panzer und Visir.

 

Den breiten scharfen Degen

Fest um den Leib geschnallt,

So wallt in Blüthengehägen

Die starre Schreckgestalt.

 

Es rasseln die Erzgewande,

Wo Quell und Lerche singt,

Und Eisen bringt er dem Lande,

Das goldnen Segen ihm bringt;

 

Das ihm nun tritt entgegen

Im grünen Frühlingskleid,

Das rings auf seinen Wegen

Ihm Blumen aufgestreut.

 

Er hebt im Stahlgewande

Den Kelch mit Wein gefüllt,

Der ringsherum im Lande

Von sonn’gen Hügeln quillt;

 

Er tränke gern vom reinen,

Da hemmt ihn sein Visir,

Ein Mundkorb will’s ihm scheinen;

Da löst er die läst’ge Zier.

 

Er steht im Kleid von Eisen,

Wo Tanzmusik erklingt

Und in des Landes Weisen

Jedwede Sohle beschwingt;

 

Auch ihn will’s drehn und regen,

Doch zwischen die Beine schlägt

Ihm rasselnd der lange Degen,

Bis er zur Seit’ ihn legt.

 

Er drückt im Stahlgewande

Ans Herz die schönste Maid,

Wie manche hier im Lande

Der Rosen und Reben gedeiht;

 

Er wünscht, auch sie empfände

Des Herzens Schlag und Brand;

Da schnallt er vom Leibe behende

Des Panzers Scheidewand.

 

Und zwischen Viol’ und Rose

Legt Nachts er sich zur Rast,

Weich sind des Lagers Moose,

Hart seiner Rüstung Last;

 

Was ihm an Arm und Hüften

Noch blieb von Erz zurück,

Er will’s vom Leib sich lüften,

Er löst es Stück für Stück.

 

O Wunder um die Wette,

Die drauf der Morgen erhellt:

Den Sieger fesselt die Kette,

Entwaffnet ist der Held!

 

Da liegt er auf Blumen gebettet,

Womit das Land sich schmückt,

Von Rebguirlanden gekettet,

Von Rosenfesseln umstrickt!

 

Und wie durchs Kerkergitter

Durch grünes Astwerk dicht,

Blickt der gefang’ne Ritter

Zum Himmel, frei und licht!



(* 1808-04-11, † 1876-09-12)



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