Die Schwalbe


Weh nun, da den Bäumen der herbstliche Wind

Abschüttelt das Laub, das falbe,

Weh dir, der die Schwingen gebrochen sind,

Du arme verlassene Schwalbe!

Voll Trauer blickst du von deinem Dach

Dem Zug der Gespielen, dem scheidenden, nach.

 

Sie ziehen hinweg in den herrlichen Süd,

Sie lassen die krankende Schwester

Und suchen im Frühling, der ewig blüht,

Die myrtenbeschatteten Nester

Und spotten am griechischen Tempelsims

Des rauhen, des nordischen Wintergrimms.

 

Bald streifen sie nun mit dem Flügelschlag

Des Mittelmeers blauende Wellen

Und schwingen sich auf mit dem leuchtenden Tag

In die Aetherhöhen, die hellen;

Du aber, Verwaiste, in einsamem Weh

Sinkst sterbend dahin auf die Felder voll Schnee!



(* 1815-08-02, † 1894-04-14)



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