Albertus Magnus


Von den Geheimnissen der Weiber.

 

Die Königin blickt zum Laden aus,

Ein Jüngling stand wohl vor dem Haus,

Sie winkt ihm da,

Daß er sollt zu ihr kommen.

 

Der Jüngling kam heimlichen dar,

Er sprach: Zart edle Fraue klar,

Kein Mann soll sich

In eurem Dienst versäumen.

 

Da sprach die Königin hochgebohr′n:

In meinem Dienst hast du geschwor′n

Leibeigen dich,

Das sollst du nun erkennen.

 

Dein Willen mach dem Meinen gleich,

So wird mein Herz ganz Freudenreich,

Lieblich Begier,

Die will ich dir bekennen.

 

Er wußt nicht, was sie damit meint,

Sie hätt′ sich nah mit ihm vereint,

Sein Freiheit er

Vor ihr nicht konnt erhalten.

 

Sie blickt ihm in das Herz hinein,

Mein′s Leibs must du gewaltig seyn,

Der Ehren sein

Hätt′ er da kein Gewalte.

 

Und als der Tag sich anebrach,

Die Königin wohl zu ihm sprach,

Deins Leibs hab ich

Begehrt, der ist mir worden.

 

Heb dich davon, saum dich nicht lang′, -

Gar bald er in die Kleider sprang,

Er wußt auch nicht,

Daß ihm folgt nach ein Morde.

 

Sie nahm ihn fälschlich bei der Hand,

Hin auf ein Brett sie ihn da sandt,

Zuckt an der Schnur,

Das Brett thät mit ihm fallen.

 

Wohl in ein Wasser ungeheur,

Darin verdarb der fromm und theuer,

Das falsche Weib

Ließ freudig Lachen schallen.

 

Aus ihrer Lieb führt nur ein Weg,

Der führte auf den Todessteeg,

Die ihr vertraut,

Acht Jüngling noch gar freie.

 

So warens mit dem ersten neun,

Die Zahl war ihr noch viel zu klein,

Den zehnten auch

Sucht sie in falscher Treue.

 

Er war ein hochgelehrt Student,

Ihr Complexion er gar wohl kennt′,

Er wußt gar wohl

Sie konnt ihn nicht betriegen.

 

Er blickt sie an durch Kunstes Glas,

Er sah wie sie naturet war,

Er warb um sie,

Ihr List mußt ihm erliegen.

 

Er zwang ihr Herz mit seiner Kunst,

Er zwang ihr Herz in Liebesbrunst,

Die Königinn

Wollt sehnlich ihn umfangen.

 

Da sagt er ihr ein hartes Wort,

Neun Jüngling seh ich schweben dort,

Die warnen mich,

O Weib, das bringt mir Bangen.

 

Ein Wasser braußet unter mir,

Dein Bett ein böses Schifflein schier,

Will schlagen um,

Will jenen mich gesellen.

 

Du führest falsche Segellein,

Du glaubst, ich sollt der zehnte sein,

Du Mörderin

Willst tödten mich in Wellen.

 

Groß Zorn das Weib der Red empfand,

Sie ließ ihm binden Fuß und Hand:

Ihr Diener mein,

Thut mir den Mann erträncken.

 

Er blickt sie an, ganz still gemüth,

Er wußt wohl, daß er war behüt,

Man hob ihn auf,

Und wollt ihn schon versencken.

 

Da brachen seine Strick zur Stund,

Er sprang hinab frei und gesund,

Im tiefen See

Konnt er gar lustig schweben.

 

Ganz aufrecht als ein Federbolz,

Trat er darin das Wasser stolz.

Wer ihn ermordt,

Dem will sie sich ergeben.

 

Des faßt manch böser Knabe Lust,

Manch Armbrust zielt nach seiner Brust;

In Vögelein

Die Pfeil sich da verkehren,

 

Und schwebten um ihn auf und ab.

Die Königinn rief da herab:

O hätt ich dich,

Ich wollt dein Kunst zerstören.

 

Frau Königinn, er zu ihr sprach,

Ich trage um neun Knaben Rach′,

Neun Vögelein

Die Pfeil sich um mich schwingen.

 

Nach einem Wald steht mir mein Sinn,

Darin ich euer Vogler bin,

So viel ich fang,

Von euch lehr ich sie singen.

 

Da schwang er sich zum Wald hindan,

Ihm sahen nach viel Weib und Mann,

Die Königinn

Ward bleich an ihren Wangen.

 

Er setzt sich in den grünen Plan,

Viel Vögelein sich zu ihm nahn,

Mit Listen braucht

Er keinen nicht zu fangen.

 

Er schwang sich in die Lüfte klar

Um ihn die laute Vogelschaar,

Ließ nieder sich

Auf eines Thurmes Zinne.

 

Den Vöglein in die Schnäbel band

Er Brieflein all, darinnen stand:

Neun mordete

Die Königinn um Minne.

 

Die fliegen wohl durch Stadt und Land,

Man fieng sie alle mit der Hand,

Da ward die Schand

Wohl allen offenbare.

 

Ein Vogel bunt in Sonderheit,

Des hätt die Königinn ein Freud,

Sie griff nach ihm,

Er sezt sich auf ihr Haare.

 

Er ließ ihr fallen auch mit List,

Den Zettel zwischen ihre Brüst,

Und flog von dann,

Da las sie ihre Schande.

 

Das Zettelein sie da zur Stund

Zerriß mit ihrem rothen Mund,

Wohl hin und her

Sie ihre Händlein wandte.

 

Ihr Schuld kam da wohl klar an Tag,

Der Künstler führt die erste Klag:

Frau Königinn,

Albertus ist mein Namen.

 

Albertus Magnus heiße ich,

Sanktus nennt auch die Kirche mich,

Du hast um mich

Dein Buhlerkunst verloren.

 

Ein weiser Meister heiße ich,

Du wolltst im Zorn ertränken mich.

Da schrie sie laut:

»O Weh daß ich gebohren!

 

O Weh daß ich gebohren bin!«

Schrie da die edle Königinn,

Verzweifelung

Kam da in ihre Sinnen.

 

Albertus macht sie da wohl zahm,

Sie stand vor ihm in groser Scham,

Er redt zu ihr

Und ließ sie Muth gewinnen.

 

Zur Hand gewann sie Reu und Leid,

Zerriß ihr königliches Kleid,

Und legt sich an

Wohl einen grauen Orden.

 

Albertus lehrt sie in der Beicht,

Wie sie Versühnung wohl erreicht,

Mit strenger Buß,

Um ihre Schuld und Morden.

 

Vor ihrer Zell wohl achtzehn Jahr,

Neun Vögel sangen traurig gar,

Den gab sie Speiß,

Und weinet bitterlichen.

 

Und da die Zeit verstrichen war,

Da waren es neun Engel klar,

Die führen sie

Wohl in das Himmelreiche.



(* 1781-01-26, † 1831-01-21)



Weitere gute Gedichte von Achim von Arnim zum Lesen.