Der Schöpfer des Walzers


Das war Herr Neidhart von Reuenthal,

Der kannte nicht Neid noch Reue -

Der liebte den freien Sonnenstrahl

Und die lachende Himmelsbläue!

 

Seine Burg war eng, doch sein Herz war weit -

Keinen Hausschatz barg ihm die Truhe:

Doch lustig pfiff er allezeit

Auf besitzende Drachenruhe!

 

Ein bayrischer Ritter von gutem Geschlecht,

Verschmäht' er doch Hofgunst und Beute -

Just weil er sich fühlte 'was mehr als ein Knecht,

Betrieb er nur das, was ihn freute.

 

Dem Dörpervolke, dem war er hold:

Er lockte aus stickigen Stuben

Ins Wiesengrün und Sonnengold

Die tumben Mädels und Buben!

 

Dort sang er ihnen verliebtes Geneck',

Und hieß sie zu seinem Singen

Ganz ohne höheren Lebenszweck

Den Paartanz drehen und springen!

 

Und die am gelehrigsten flog im Schwarm,

Die Schlimme umschlang er heiter

Höchstselbst mit seinem flinken Arm -

Und tanzend sang er weiter!

 

Das war Herr Neidhart von Reuenthal,

Und der Walzer war sein Vermächtnis -

Nun brennt er dafür in Höllenqual:

Doch gepriesen sei sein Gedächtnis!



(* 1866-12-04, † 1928-03-29)



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