Der letzte Rausch


Wenn die Kräfte mürrisch mir ermatten,

Und der Tod mich rief ans Telephon,

Will ich mir noch einen Rausch gestatten

In dem besten Wein von Avalon.

 

Aber nicht am Tisch der alten Knaben,

Wo das Leben säuerlich verschlammt:

Meinen letzten Rausch, den will ich haben,

Wo der erste mir das Blut entstammt!

 

Vor den Bergen auf der grünen Welle,

Wo das Landhaus meiner Eltern stand,

Hat in froher Sommersonnenhelle

Lieb′ und Wein zuerst in mir gebrannt!

 

Aus den Augen einer blonden Kleinen

Grüßte mich die erste Liebesglut,

Und die weite Welt war schön zum Weinen,

Und zum Lachen schön mein Übermut!

 

Größe träumt′ ich, kühne Wundertaten,

Und wir stießen an mit goldnem Wein -

Dort, wo mir der erste Rausch geraten,

Soll mein letzter auch getrunken sein!

 

Was im Glase damals ich gelesen

Als der Zukunft stolzen Saus und Braus,

Träumen will ich, daß es auch gewesen:

Und dann schlaf′ ich alle Räusche aus.



(* 1866-12-04, † 1928-03-29)



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