Porta Nigra


Dass ich zu eurer zeit erwachen musste

Der ich die pracht der Treverstadt gekannt

Da sie den ruhm der schwester Roma teilte -

Da auge glühend groß die züge traf

Der klirrenden legionen - in der rennbahn

Die blonden Franken die mit löwen stritten -

Die tuben vor palästen und den Gott

Augustus purpurn auf den goldnen wagen!

 

Hier zog die Mosel zwischen heitren villen...

O welch ein taumel klang beim fest des weines!

Die mädchen trugen urnen lebensschwellend -

Kaum kenn ich diese trümmer - an den resten

Der kaiserlichen mauern leckt der nebel -

Entweiht in särgen liegen heilige bilder -

Daneben hingewühlt barbarenhöhlen...

Nur aufrecht steht noch mein geliebtes tor!

 

Im schwarzen flor der zeiten doch voll stolz

Wirft es aus hundert fenstern die verachtung

Auf eure schlechten hütten (reisst es ein

Was euch so dauernd höhnt!) auf eure menschen:

Die fürsten priester knechte gleicher art

Gedunsne larven mit erloschnen blicken

Und frauen die ein sklav zu feil befände -

Was gelten alle Dinge die ihr rühmet:

 

Das edelste ging euch verloren: blut...

Wir schatten atmen kräftiger! Lebendige

Gespenster! Lacht der knabe Manlius...

Er möchte über euch kein zepter schwingen

Der sich des niedrigsten erwerbs beflissen

Den ihr zu nennen scheut - ich ging gesalbt

Mit perserdüften um dies nächtige tor

Und gab mich preis den söldnern der Cäsaren!



(* 1868-07-12, † 1933-12-04)



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