Die Lokomotive


Da liegt das zwanzigmeterlange Tier,

Die Dampfmaschine,

Auf blankgeschliffner Schiene,

Voll heißer Wut und sprungbereiter Gier -

Da lauert, liegt das langgestreckte Eisen-Biest -

Sieh da: wie Öl- und Wasserschweiß,

Wie Lebensblut, gefährlich heiß,

Ihm aus den Radgestängen, den offnen Weichen, fließt;

Es liegt auf sechzehn roten Räder-Pranken,

Wie fiebernd, langgeduckt zum Sprunge,

Und Fieberdampf stößt röchelnd aus den Flanken.

Es kocht und kocht die Röhrenlunge -

Den ganzen Rumpf die Feuerkraft durchzittert,

Er ächzt und siedet, zischt und hackt

Im hastigen Dampf- und Eisentakt -

Dein Menschenwort wie nichts im Qualm zerflittert.

Das Schnauben wächst und wächst -

Du stummer Mensch erschreckst -

Du siehst die Wut aus allen Ritzen gären -

Der Kesselröhren-Atemdampf

Ist hochgewühlt auf sechzehn Atmosphären:

Gewalt hat jetzt der heiße Krampf:

Das Biest, es brüllt, das Biest, es brüllt,

Der Führer ist in Dampf gehüllt -

Der Regulatorhebel steigt nach links:

Der Eisen-Stier harrt dieses Winks!

Nun bafft vom Rauchrohr Kraftgeschnauf:

Nun springt es auf! nun springt es auf!

 

Doch:

 

Ruhig gleiten und kreisen auf endloser Schiene

Die treibenden Räder hinaus auf dem blänkernden Band,

Gemessen und massig die kraftangefüllte Maschine,

Der schleppende, stampfende Rumpf hinterher -

 

Dahinter - ein dunkler - verschwimmender Punkt -

Darüber - zerflatternder - Qualm -



(* 1890-10-21, † 1918-10-13)



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