Drei Blicke in einen Opal


An Erhard Buschbeck

 

1

 

Blick in Opal: ein Dorf umkränzt von dürrem Wein,

Der Stille grauer Wolken, gelber Felsenhügel

Und abendlicher Quellen Kühle: Zwillingsspiegel

Umrahmt von Schatten und von schleimigem Gestein.

 

Des Herbstes Weg und Kreuze gehn in Abend ein,

Singende Pilger und die blutbefleckten Linnen.

Des Einsamen Gestalt kehrt also sich nach innen

Und geht, ein bleicher Engel, durch den leeren Hain.

 

Aus Schwarzem bläst der Föhn. Mit Satyrn im Verein

Sind schlanke Weiblein; Mönche der Wollust bleiche Priester,

Ihr Wahnsinn schmückt mit Lilien sich schön und düster

Und hebt die Hände auf zu Gottes goldenem Schrein.

 

 

2

 

Der ihn befeuchtet, rosig hängt ein Tropfen Tau

Im Rosmarin: hinfließt ein Hauch von Grabgerüchen,

Spitälern, wirr erfüllt von Fieberschrein und Flüchen.

Gebein steigt aus dem Erbbegräbnis morsch und grau.

 

In blauem Schleim und Schleiern tanzt des Greisen Frau,

Das schmutzstarrende Haar erfüllt von schwarzen Tränen,

Die Knaben träumen wirr in dürren Weidensträhnen

Und ihre Stirnen sind von Aussatz kahl und rauh.

 

Durchs Bogenfenster sinkt ein Abend lind und lau.

Ein Heiliger tritt aus seinen schwarzen Wundenmalen.

Die Purpurschnecken kriechen aus zerbrochenen Schalen

Und speien Blut in Dorngewinde starr und grau.

 

 

3

 

Die Blinden streuen in eiternde Wunden Weiherauch.

Rotgoldene Gewänder; Fackeln; Psalmensingen;

Und Mädchen, die wie Gift den Leib des Herrn umschlingen.

Gestalten schreiten wächsernstarr durch Glut und Rauch.

 

Aussätziger mitternächtigen Tanz führt an ein Gauch

Dürrknöchern. Garten wunderlicher Abenteuer;

Verzerrtes; Blumenfratzen, Lachen; Ungeheuer

Und rollendes Gestirn im schwarzen Dornenstrauch.

 

O Armut, Bettelsuppe, Brot und süßer Lauch;

Des Lebens Träumerei in Hütten vor den Wäldern.

Grau härtet sich der Himmel über gelben Feldern

Und eine Abendglocke singt nach altem Brauch.

 



(* 1887-02-03, † 1914-11-03)



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