An meine Kinder


20. April 1785

 

Wie süß du schläfst!

Als hätten Himmelsengel

In Schlummer dich geküßt!

Gerne holder Knabe,

Küßte deine Mutter

Dir die Rosenwange,

Dir die Rosenknospe

Der halboffnen Lippen -

Doch sie fürchtet zu scheuchen,

Den Leisathmenden Schlaf!

Ach vor wenig Tagen,

Schlummertest, Geliebter,

Du nicht leisen Schlaf!

Feuchte Todesblässe

Deckte deine Wangen,

Und die Rosenknospe

War verblüht!

Und des Schlafes Bruder

Schwebte ernsten Fluges,

Nahe, nahe Dir!

Ach! es fließt die Thräne

Bang′ die Wang herab!

Kleine süsse Seele,

Schatten meines Kindes,

Schwebtest du um mich?

Flüsterst du dem Bruder

Aus den Himmelslauben

Engelträume zu?

Ach es gebahr mit Schmerzen,

Deine Mutter dich!

Ach! es säugte mit Schmerzen

Deine Mutter dich!

Und mit blutendem Herzen,

Gab die arme Mutter

Dich dem treuen Schooße,

Deiner ersten Mutter hin!

Unter duftenden Schatten

Hoher Lebensbäume,

An den blühenden Ufern

Ewger Lebensbäche

Leiten sanfte Engel

Zartes Knäblein dich!

Flößen bessre Nahrung,

Als der Mutter Busen,

Süsses Kind, dir reichte,

Flößen Himmelsspeise

Deinem jungen Geiste ein!

Schlummert beyde sanft!

Erstgebohrner, dich wecket,

Aus der Kindheit frohem Schlummer

Einst der Leidenschaften Sturm!

Und auf wildem Meere

Treibt der kleine Nachen,

Dann umher!

Glücklicher, den frühe

Still der Tod gepflückt,

Keine wilden Stürme

Drohen dir!



(* 1765-06-03, † 1835-05-25)



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