Juli 1870


I.

 

Vom Untersberg, dem alten,

Wohl auf der Walser Haid′

Nachts Kampfesrufe schallten

Über deutsche Lande weit.

 

Wer hat den Ruf vernommen? -

»Zum Streit! Genossen, auf!

Nun ist die Zeit gekommen,

Ihr Helden all′, wacht auf!

 

Ihr saßt viel tausend Stunden

Im dunklen Bergessal:

Ihr träumtet tiefe Wunden

Und schliefet all′ zumal.

 

Nun greift zu Schwert und Schilden,

Rückt Helm und Beil zurecht,

Und fort zum grimmig wilden,

Zum tödtlichen Gefecht!

 

Nun thut sich auf mit Schweigen

Des Berges Felsenthor:

Auf! laßt die Hengste steigen

Und streckt die Speere vor.« -

 

Sie haben Dich vernommen,

Herr Karl. Und schlafentbannt

Die alten Helden kommen

Und retten das deutsche Land.

 

II.

 

Für Recht, für Freiheit und Vaterland!

Germania drückt uns das Schwert in die Hand,

Kein Preußen, kein Baiern, kein Schwaben mehr:

Ein deutsches Volk, eine deutsche Wehr

Steh′n wir zusammen im heiligen Streit.

Trutz wälschem Hochmuth, trutz gallischem Neid. -

Dem Erzfeind Tod, der den Frieden stört

Und blutigen Kampf uns heraufbeschwört.

 

Wir steh′n zusammen: Ein Schwert, ein Mann,

Laß seh′n, wer uns bezwingen kann! -

Wir steh′n zusammen im blutigen Feld,

Wir fallen zusammen, Held an Held:

Allsiegende Kraft, unbeugsamer Muth

Erwächst aus der Brüder vergoss′nem Blut!

Wir steh′n zusammen mit Herz und Hand

Für Freiheit, für Recht und Vaterland.



(* 1834-02-09, † 1912-01-03)



Weitere gute Gedichte von Felix Dahn zum Lesen.