Fröhlich, zärtlich, lieblich


I

 

Fröhlich, zärtlich, lieblich und klärlich, anmutig, still und leise,

in sanfter, süßer, keuscher, träger Weise

erwache, du liebenswertes, schönes Weib,

reck, streck, zeig deinen zarten, prächtigen Leib!

Schließ auf deine hellen Äuglein so klar!

Heimlich nimm′s wahr,

wie sich verliert der Sternengarten

in der schönen, heitren, klaren Sonne Glanz.

Wohl auf zum Tanz!

Flicht uns einen schönen Kranz

der leucht von braunen, blauen, grauen,

gelb-rot-weißen,

violetten Blümlein ganz.

 

II

 

Sanft sich öffnen, schmeicheln, lispeln, wispern, flüstern in süßen Sprachen

von ergötzlichen, guten, reinen Sachen

soll dein voller roter Mund

der so lieblich mein Herz hat entzündet

und mich fürwahr schon tausendmal geweckt,

freundlich aufgeschreckt

aus des Schlafes Traum, wenn ich geschaut

einen so wohlgeformten, roten, engen Spalt,

in des Lächelns Gestalt,

Zähnchen weiß darin gereiht,

Lippen nippen koslich roslich,

sind so hell,

herrlich hingemalt.

 

III

 

Wollt sie, sollt sie, würd sie und käm sie, nähm sie meinem Herzen

die sehnsuchtsvollen, großen, harten Schmerzen,

und ein Brüstlein weiß darauf gedrückt,

seht, so leichthin wär mein Trauern ferngerückt.

Wie könnt ein zartes, liebes Mädchen

fröhlicher wohl schmücken

das Herze mein ohn arge Pein

mit so wonnevoller, zarter, reiner Lust?

Mund Mündlein geküsst,

Zung an Zünglein, Brüstlein an Brust,

Bauch an Bäuchlein, Busch an Büschlein,

schnell mit Eifer

nur munter gedrückt.



(* 1377-00-00, † 1445-08-02)



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Kommentare


  • Stefan Hingst
    Mich dünkt, die Worte klingen wohl Modern.
    Ich hielt Mittelhochdeutsch für schwerer verständlich.