An die Freunde in Baden-Baden


Frankenberg bei Aachen den 16. Juli 1815.

 

Wenn ihr wandelt auf den Matten

An des Oelbachs klarer Flut,

Wenn ihr in dem Eichenschatten

An dem Fuß der Berge ruht;

 

Ist auch Einer, der den Becher

Trägt, und Brod und kühlen Wein?

Treuer Diener, treuer Zecher

Mit euch trinket, euch schenkt ein?

 

Hört ihr′s flüstern in den Zweigen

Zärtlich, wehmuthsvoll und mild?

Seht ihr aus den Fluten steigen

Ein bewegtes, dunkles Bild?

 

Das bin ich, das ist mein Sehnen,

Welches immer um euch ist,

Euch begrüßt in allen Tönen,

Euer Haupt im Westwind küßt.

 

Thal von Baden, zu gesunden

Kam ich hin, ein kranker Mann,

Und ich habe mehr gefunden

Als ich singen und sagen kann.

 

Grüß dich Gott, du Thal von Baden,

Wo die Wunderquelle quoll,

Aller Wonnen, aller Gnaden,

Allen Zaubers reich und voll.

 

Segensmeer herabgeflossen,

All′ Erinnern festgebannt,

Jeder Wunsch in dir beschlossen,

Wie du selbst von Bergesrand.

 

Grüß dich Gott, du Herz der Herzen,

Schöne Frau so still und mild,

Mägdlein, welche singen und scherzen,

Dich der Demuth frommes Bild.

 

Euch, ihr Männer, euch, ihr Frauen,

Die mich dulden und verstehn,

Euch, ihr Blümlein auf den Auen,

Schlösser auf den Felsenhöh′n.

 

Weit umher auf Strömen, Wegen,

Zog ich in dem heil′gen Reich;

Mancher Gruß kam mir entgegen,

Doch mein Grüßen meint nur Euch.

 

Denkt auch mein mit guten Worten,

Der euch täglich Kränze flicht,

Dem sich öffnen hundert Pforten,

Aber ach! die liebste nicht!

 

Der ich irre, der ich wandre

Manche Nacht und manchen Tag,

Aber nimmermehr mir andre

Freud′ und Freundschaft suchen mag.



(* 1783-12-11, † 1817-12-11)



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