Daheim


Alle wir, schon eh′ sie uns begraben,

Wollen irgend eine Heimstatt haben,

 

Wo nichts Fremdes kältet oder schwült,

Wo man wirklich sich zu Hause fühlt:

 

Weib und Kind im wohlverschloßnen Häuschen,

Oder nur ein loses Miezemäuschen -

 

Eine Mutter, die uns ausgeharrt

Als Asyl bis in die Gegenwart -

 

Einen Stammtisch, guter Freundschaft froh,

Oder das geheiligte Bureau -

 

Ein Katheder vor der frischen Jugend,

Eine Kanzel, wo man wirkt für Tugend,

 

Eine Bühne, drauf man Künstler war

Erst im braunen, dann im grauen Haar,

 

Eine Loge, drin man oft gesessen

Und im bunten Wahn sich selbst vergessen,

 

Uniform, in die man oft geschlüpft,

Walzerklang, nach dem man oft gehüpft,

 

Eine Ecke im vertrauten Keller,

Wo man immer trank den Muskateller,

 

Lieblingswinkel in dem Hofbräuhaus -

Ach, wer schöpft die Möglichkeiten aus?

 

Aber mancher, aus der Art geschlagen,

Hat bei alledem kein Heimbehagen:

 

Mancher kann nur dann zu Hause sein,

Wenn er mit sich selber ganz allein,

 

Wenn er seiner Seele Vollklang hört,

Weltverschont und menschenungestört.



(* 1866-12-04, † 1928-03-29)



Weitere gute Gedichte von Hanns von Gumppenberg zum Lesen.