Die Heilige, Einzige, Göttliche


Wann werd' ich dich finden,

Ach endlich dich finden,

Dich fiebernd in schauernder

Seelenumarmung,

Fühlen, ganz fühlen

Du Heilige, Einzige,

Göttliche? ...

Die du bist, weil ich bin,

Mich willst, wie ich dich will ...

Die du mit einem Strahl deines Auges,

Darin der Himmel glüht,

All' die Schmerzen des Einsamen

Heimath- und Glückfernen

Mitfühlend hinwegküssest,

Mit einem Athemhauch deiner Seele,

Darin ewiger Frühling blüht,

All' die Thränen auslöschst,

All' die brennende Qual,

Die meine Seele verzehrt,

Meine unsterbliche Seele ...

Wo bist du, du Sonne!

Nur meine Sonne,

Die du jede Wolke der Schwermuth

Von gramtrüber Stirne

Mir lächelnd hinwegscheuchst,

Triumphirend verheißest

Jeden Traum's Erfüllung,

Und himmlischer Tröstung

Gottsüßen Frieden

In den sehnenden Busen gießt,

Mir, der ich arm bin,

So arm bin, wie Niemand?!

Wann erhebst du dein Haupt,

Aus Nebel und Sturm

Dein lichtmächtiges Haupt,

Du Erkenntniß der Wahrheit

Die ist und die sein wird? ...

Wann winkst du Oase,

Du Mährcheninsel,

Voll paradiesischer Auen,

Dem Wüstenpilger,

Der müde des Kampfes

Des irdischen Kampfes

Ohne Rettungsstern

Hinsinkt, in das Nichts starrt?

Wann reifst du entgegen

Dem Labebedürftigen

O Thaufrucht der Liebe?!

Wann werd' ich erwachen,

Holdselig erwachen,

Dir im Schooße erwachen,

Du unendliche Wonne?!

Wann werd' ich Sie schauen

In all' ihrer Schönheit

Liebreiz und Anmuth,

Die aus dem Kelch jeder Blume

Entgegen mir duftet,

Und zu mir spricht

Aus der Nachtigall Schluchzen,

Dem Flüstern des Maiwinds,

Jedem Machtwort der Schöpfung?!

– – – – – – – – – – – – – – – –

Mit dem Schrei der Erlösung

Fliegt ihr entgegen

Die verschmachtende Seele;

Leib reißt sich an Leib ...

Es sättigen sich endlich

Im Rausch der Verzückung

Die taumelnden Sinne.

Hinsterben die Pulse ...

In des Kusses wildlodernder

Flamme vermählt sich

Alle Süße des Lebens

Des Lebens und Todes.



(* 1864-03-07, † 1914-00-00)



Weitere gute Gedichte von Wilhelm Arent zum Lesen.