Der Wassergreis


Wasser rauscht so seltsam dort,

Kreist sich in Wellen fort,

Glaubt wohl! es fühle nicht,

Wie sich die Woge bricht,

Kalt sei′s im Herzen, kalt in dem Sinn,

Rausche nur, rausche nur hin.

 

Doch in den Wellen, im Abgrund heiß,

Sitzt gar ein alternder Greis,

Tanzt auf, tanzt ab, wenn der Mond sich zeigt,

Wenn Sternlein aus Wolken steigt,

Springt gar seltsam und ringt gar sehr,

Will trinken das Bächlein leer.

 

Wellen sind ja die Mörder sein,

Zehren und nagen des Alten Gebein,

Grinzt ihm eisig durch Mark und Glied,

Wenn er die Wogen so springen sieht,

Schneid′t gar ein bängliches Wehgesicht,

Bis Sonnenglanz Mondtanz verbricht.

 

Wasser rauscht dann so seltsam dort,

Kreist sich in Wellen fort,

Glaubt′ wohl, es fühle nicht,

Wie sich die Woge bricht,

Kalt sei′s im Herzen, kalt in dem Sinn,

Rausche nur, rausche nur hin.



(* 1818-05-05, † 1883-03-14)



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