Vor seinem Haus auf der Bastei
Da steht ein Limdenbaum,
Der träumt mit jedem jungen Lenz
Den schönsten Frühlingstraum.
Er stralt vor seinem Fenster still
Zu Wien auf der Bastei -
Die guten Leute wandeln froh
Am Lindenbaum vorbei.
Nur manchmal blickt ein Aug voll Glut
Hinüber auf den Baum,
Der still mit jedem Lenze träumt
Den schönsten Frühlingstraum.
Und manchmal nur mit welkem Blick
Im Morgensonnenschein
Der alte Fürst am Fenster sinnt:
O Frühling, komm herein!
Da klingt es aber durchs Gezweig
Mit wehmutvollem Sang:
Du altes, welkes, schwaches Herz —
Dir blüh ich nimmer lang!
Es wehn dich meine Zweige grün
Bald ein zur ewigen Ruh,
Ich singe dir ein Totenlied -
O schweig! und höre zu:
Versink, versink′ in ewige Nacht,
Du altes, schwaches Herz,
Dann hauch ich doppelt süßen Duft
Im Lenze himmelwärts!
Den Keim, ans dem ich auferstieg
In dunklem Häusermeer,
Den trug durch blaue Frühlingslüft
Des Weltgeists Hauch daher.
Mein Auferstehen, mein frisches Grün
Nach jedem Winterzwang,
Das, siegend, durch das Eisgewand
Aus mutigem Zweigen drang,
Es sollte dir ein Zeichen sein,
Daß in des Zweiges Macht
Der echte Mut, die rechte Glut
Nur kräftiger erwacht,
Und eine Mahnung sollt es sein
Für deinen bösen Geist,
Daß jede Knospe — kommt der Lenz
Den Herrn als Blüte preist!
Du aber hast es nicht gehört,
Was ich im Lenze sprach,
Und darum folgt dir in dein Grab
Auch keine Thräne nach.
Du beugtest nur, du drücktest nur,
Was strebte himmelwärts -
Versink, versink in ewige Nacht
Du längst versunknes Herz!