Das lesende Kind


Auf den Schooß das Buch gebreitet,

Scheinst du nichts um dich zu missen,

Starrst hinein, indeß beflissen

Ueber′s Blatt der Finger gleitet.

 

In das Meer der Zeichen leitet

Dich kein Können noch und Wissen,

Unbeschränkt, in schwanken Rissen

Sich dein junges Sinnen weitet.

 

Süßes Dämmern! Traumumwoben

Schläft das Denken noch im Neste,

Nur das Fühlen schwebt nach oben.

 

Ach, des Lebens trübe Reste

Bleiben, wenn der Flor gehoben –

Das Geheimniß ist das Beste.



(* 1857-02-13, † 1938-02-02)



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