Hei, nun kommt uns die Zeit...


Hei, nun kommt uns die Zeit (des Sommers), der Gesang

der kleinen Vögelchen. / Es grünt schon die breite Linde,

dahin ist der lange Winter./ Nun sieht man anmutige Blumen

auf der Heide erproben sie ihr Strahlen. /

Darüber werden sehr viele Herzen froh, und auch mein Herz

schöpft daraus Zuversicht.

 

 

Ich bin dir seit langem zugetan, edle und vortreffliche Herrin. /

Wie gut ich das angelegt habe! Du hast meinen Sinn veredelt. /

Um was immer ich durch dich besser geworden bin,

es möge mir zum Heil gereichen. / Machst du das Ende gut,

so hast du alles wohl getan.

 

Man soll die Edlen und die Vortrefflichen zu allen Zeiten lieb behalten. /

Wer immer sich allzuviel rühmt, der weiß nichts vom rechten Maß. /

Auch soll es ein höfischer Mann niemals allen Frauen recht machen. /

Der ist nicht Meister seiner selbst, der in dieser Hinsicht allzuviel tut.

 

Auf der Linde oben, da sang ein kleines Vögelchen, /

vor dem Wald erhob es seine Stimme. Da schwang sich

mein Herz wieder auf, / zu einem Ort, an dem es früher war.

Ich sah die blühenden Rosen stehen, / die rufen in mir viele

Gedanken hervor, die sich auf eine Dame richten.

 

Es kommt mir vor, als sei es schon tausend Jahre her,

daß ich im Arm des Geliebten lag. / Ganz ohne Schuld

bleibt er mir jeden Tag fern. / Seit ich keine Blumen sah

nocht den Gesang kleiner Vögelchen hörte, / seitdem war

all meine Freude von kurzer Dauer, der Jammer aber allzulang.



(* 1140-00-00, † 1171-00-00)



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